Montag, 1. Juni 2015

1. Juni 1946: Abschlussbericht



Beim Abschluss dieses kurzem Berichtes waren die brennendsten Sorgen der Bevölkerung die Besserung der dürftigen Ernährungslage (besonders in Fleisch, Nährmitteln, Kartoffeln und Fett jeder Art), die wenn auch langsame Lockerung der Inanspruchnahme von Wohnungen - es sollen  über 500 Familienwohnungen beschlagnahmt sein und über 1500 Einzelzimmer -, die Eindämmung von weiteren Requisitionen von Haushaltsgegenständen und – die glückliche Lösung der Zonenschwierigkeiten durch Herstellung der seinerzeit in Potsdam durch die Grossmächte vereinbarten wirtschaftlichen und politischen Einheit Deutschlands. Mit ihr erst wäre die erste Voraussetzung zur Entfaltung deutscher Schaffenskraft wieder gegeben. Es ist wahrhaftig ein trauriger Zustand, wenn zur Zeit eine Zone der anderen wie einem fremden Land gegenübersteht und im besten Fall die überschüssige Ware der einen nur im Wege des Austausches einer anderen Zone, die sie dringend benötigt, Zugute kommen kann. So wenn die Pfalz ihren Wein den Pfälzern vorenthalten und - soweit ihn nicht die Besatzung für sich und für zuhause in Anspruch nimmt, nach rechtsrheinisch verhandeln muss, vorausgesetzt, dass die für das Einzelgeschäft erforderliche Genehmigung der Ausfuhr von der Militärregierung erteilt und die Blockierung der betreffenden Warenmenge aufgehoben wird. Sowie dass der pfälzische Tabak in ähnlicher Weise zur Verwendung kommt. Auch er ist, wie die Blockierung jeder Art einschliesslich Krägen und Hüte, das Geschirr und die Möbel, auch der sonstige Hausrat, Mangelware geworden. Es dauerte geraume Zeit, bis sog. Raucherkarten zur Einführung und noch länger zur Belieferung kamen. Die danach zustehenden Mengen waren und sind für Raucher unzureichend, zumal sie nicht immer geliefert werden. Wer es irgendwie machen konnte, wurde deshalb Kleintabakanbauer, um sich selbst etwas Tabak zu erzeugen und von einem der zahlreichen Tabakarbeiter hier verarbeiten zu lassen. Fast noch schlimmer wie bei all den anderen Fehlwaren ging es mit den Schuhen Schuhschmieren und Schuhwichs. Neue waren auch mit Bezugschein nicht erhältlich, die Ersatzware kurzlebig und Reparaturen, weil es den Handwerkern, weil es den Handwerkern an Leder u.s.f. mangelte, nur unzureichend und in langer Frist zu erreichen. Zumal sich auch hier Anzeichen dafür bemerkbar machten, dass hier „Tauschhandel“ wie nach nach obigen grossen, so hier im kleinem einbürgert – dem Beispiel folgend, das bei Einkäufen auf dem Land besonders stark geboten ist. - Wehe also dem, der nichts zu tauschen hat, und das sind doch die mehreren. Und noch eine Sorge, die für die Stadtverwaltung recht lästig ist: die Särge gingen aus und es mangelte an Holz für die Neuanfertigungen. So muss z.B. bei der grossen Sterblichkeit auswärtige Hilfe in Fertigware oder in Holz in Anspruch genommen werden.

Stadtarchiv Speyer, Fotosammlung 233-1, Nr. 008616.

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