Donnerstag, 24. April 2014

24. April 1945: Meldepflicht!


Auch für das heutige Datum hat sich in den Beständen des Stadtarchives ein zeitgenössisches Dokument gefunden. Es handelt sich um eine weitere Bekanntmachung des Oberbürgermeisters und richtet sich an alle männlichen Bewohner Speyers zwischen 18 und 40 Jahren.


Bekanntmachung des Oberbürgermeisters,
Stadtarchiv Speyer, 237 -2 Nr. 23.

Montag, 21. April 2014

21. April 1945: Die alltägliche Ordnung kehrt zurück



Am 21. April kam zum erstenmal seit einem halben Jahr wieder Gas, aber sehr unregelmäßig und nur für einige Stunden am Tag. Ab Mitte April bis Ende Mai war das Radfahren erst ganz verboten, dann wurde Erlaubnisscheine sparsam ausgestellt. In die Verpflegung kam allmählich eine gewisse Ordnung, es gab zwei bis vier Pfund Brot die Woche, täglich ein Gramm Butter, zuweilen 100 Gramm Fleisch. Für alles mussten sich aber die Hausfrauen stundenlang, ja halbe Tage lang anstellen. Dann war es oft vorzeitig ausverkauft und sie rannten zum nächsten Laden, der noch etwas haben sollte. Die Müllabfuhr funktionierte wochenlang nicht. Die Bevölkerung musste Dreck selbst abfahren. Um die Stadt bildeten sich wilde Schutthaufen, die entsetzlich stanken. Weil das Stellen von Arbeitskräften seitens des Arbeitsamtes nicht richtig funktionierte, wurden Männer und Frauen von französischen Posten abgefangen, um Geschirr zu spülen, die Strasse zu reinigen usw; [sic.]

Der Wittelsbacher Hof wurde “Mess de Garnison“; davor ein Posten, der das Trottoir von Zivil freihalten musste, die Sonne wurde Foyer der Evakuierten, der Pfalzgraf ’’Foyer des Zuaves’’, auch die meisten anderen Gastwirtschaften in den Verkehrsstrassen als Popotes belegt, neben dem Heydenreichhaus im Hause Kopf liess sich der ’’Major de place’’ nieder, der später sein Büro in die Villa Ecarius verlegte, als diese von den Offizieren freigegeben wurde. Die Fabriken waren besetzt und mit Truppen belegt, die Molkerei beschlagnahmt. Der ganze Postplatz war für Zivil verboten, vor der Barriere am Kaffee Ihm stauten sich die Leute, die beim Gouverment vorgelesen werden wollten, aber oft unverrichteter Dinge weggeschickt wurden. Misslich empfunden wurde, dass längere Zeit hindurch deutsche Kriegsgefangene, die rechtsrheinisch von den Amerikanern entlassen mitunter sogar von ihnen geschlossen hierher verbracht worden waren, von den Franzosen wieder festgenommen und in die Baracken auf der Kuhweide verbracht wurden, wo sie durch das deutsche Rote Kreuz, das selbst nichts hatte, mit Gaben der Bevölkerung verpflegt wurden. Dann kamen sie vielfach nach Frankreich um aufbauen zu helfen. Das hatte natürlich zur Folge, dass sich Kriegsgefangene mehr und mehr hüteten, über den Rhein zu uns zu kommen. Sie hielten sich möglichst lange drüber auf.

Allmählich wurden die zuletzt am 13.IV.45 durch den Platzkommandanten General du Payrat auf die Zeit von 20 Uhr abend bis 7 Uhr morgens festgesetzten Sperrstunden verkürz. Im Sommer wurde der Ausgang auf bis 7 bis 21 Uhr, dann auf 5.30 bis 22 Uhr festgesetzt.

Dienstag, 15. April 2014

20. April 1945: Eine weitere Bekanntmachung des Oberbürgermeisters: Die Gasabgabe



Am 20. April 1945 erschien eine weitere Bekanntmachung Oberbürgermeister Leilings. Sie befasste sich mit der Gasabgabe, die Richard Mandler bereits mehrfach in seinem Bericht thematisiert hatte. Das Plakat weist zudem auf den morgigen Eintrag Mandlers hin, der sich neben der Gasregelung noch mit weiteren infrastrukturellen Einrichtungen befassen wird.



Amtliche Bekanntmachung des Oberbürgermeisters,
Stadtarchiv Speyer, 237-2, Nr. 21.

19. April 1945: Aufruf zur Beschaffung von Fahnenstoff für die französische Militärregierung


Für den heutigen Tag findet sich in den Beständen des Stadtarchives Speyer eine weitere amtliche Bekanntmachung Oberbürgermeister Leilings, welche den Bericht Mandlers ergänzend illustriert.



Amtliche Bekanntmachung des Oberbürgermeisters,
Stadtarchiv Speyer, 237-2, Nr. 19.

Freitag, 11. April 2014

13. April 1945: Bekanntmachung des Oberbürgermeisters

Der folgende Aufruf stammt vom 13. April und fällt somit in den Zeitrahmen, den Dr. Richard Mandler in seinem Bericht vom 9. April beschreibt. Obwohl er den Aufruf nicht explizit thematisiert, stellt dieser doch eine weitere interessante Quelle dar, die einen Einblick in die direkte Speyerer Nachkriegszeit ermöglicht.



Aufruf des Oberbürgermeisters Leiling,
Stadtarchiv Speyer, 237-2, Nr. 16.

Mittwoch, 9. April 2014

9. April 1945: Abgabe von Waffen, Munition und Radio-Apparaten


Die folgende Berichterstattung notierte Dr. Richard Mantler zwar zum 9. April 1945, es scheint sich jedoch um eine Zusammenschrift von Ereignisse zu handeln, die sich über mehrere Wochen erstreckten. Wir erhalten dadurch ein wertvolles Stimmungsbild der Zeit.


Ankündigung des Oberbürgermeisters, Stadtarchiv Speyer, 237-2, Nr.13.


Am Montag, den 9. April, waren alle Rundfunkgeräte abzuliefern. Sie wurden im Sitzungssaal und Trausaal des Stadthauses hoch aufgestapelt, Truppenangehörige – auch solche, die nicht mehr in Speyer lagen, fanden sich ein, suchten die besten heraus und fuhren sie ab trotz des Verbots der Militärregierung, das ihnen von städt. Organen mündlich und schriftlich eröffnet wurde. Der Rest, zumeist leere Gehäuse, wurde gegen Ende Juni wieder an die Bevölkerung nach und nach ausgegeben, wobei Anhänger der Kommunisten scharf darüber wachten, dass ja kein „Nazi“ einen Apparat erhalte. Bevorzugt wurden selbstverständlich Antifaschisten, alte und blinde Leute und Schwerkriegsbeschädigte. Die Polizeigewalt geriet wesentlich in Hand von Linksradikalen. Das führte vor allem beim Beschlagnahmen von Fahrrädern für die Besatzung zu viel Klagen. Auch setzten sie sich im Wohnungsamt fest, beschlagnahmten Wohnungen und Möbel, die sie weisungsgemäss Besatzungsangehörigen, aber auch ihnen nahestehenden Antifaschisten zur Verfügung stellen. Monatelang fuhren die Pritschenwagen mit Möbelstücken durch die Strassen. Schwarze Listen wurden angefertigt und kein Mensch fühlte sich sicher, ob er nicht auch darin stehe. Im grossem Masstab wurden Verhaftungen vorgenommen und die Naziverdächtigen nach Bruchsal in die Räume des Zuchthauses oder nach Landau verbracht, wo sie in einer Art KZ-Haft gehalten wurden. Später wurden viele wieder entlassen, andere kamen in die Lager nach Wörth. Begreiflicherweise ging es bei alledem nicht immer ohne Missgriffe zu, die Stimmung in der Armee war infolge der Erlebnisse in ihrer Heimat vielfach noch recht erbost und das machte sich irgendwie geltend. Viel Unruhe brachte nächtliches Schiessen in den Strassen der Stadt, das aber nicht so sehr eine Bedrohung sein sollte, als einen Unfug darstellte.


Beschlagnahmt wurde in dieser Zeit viel, was in Lagern noch vorhanden war, ausgeräumt, so in den Brauereien, im Schlachthof, in der Kurpfalzsektkellerei, in den Zigarrenfabriken u.s.f. Erst als die Militärregierung die Aufstellung von Militärposten vor besonders gefährdeten Gebäulichkeiten veranlasste, wurde es mählich besser. Bei der Stadtverwaltung wurde ein Requisitionsamt eingerichtet, das für die Erledigung der Besatzungsaufträge zu sorgen hatte, Verpflegung, Zivilanzüge, Matratzen, Möbel, Teller und Bestecke, Tischdecken, Aschenbecher, Gesellschaftsspiele, Bettücher, Klubsessel, Teppiche, Handtücher, Rasierapparate, Nachttöpfe usw., kurzum alle Bedürfnisse des häuslichen Leben in Büros, Privatunterkünften und Heimen aller Art. Viele, sehr viele harte Eingriffe waren dabei unvermeidlich.

Gleich nach dem Bau der Schiffbrücke wurde durch die Franzosen ein „ Centre d´aceueil des prisonniers et déporteés liberés par la lére Armee Francaise“ eröffnet mit Auffang- und Durchgangslagern im Gymnasium, in der Realschule, im Regierungsgebäude und in der Staatserziehungsanstalt, die alle frisch gestrichen und gut ausgestattet werden mussten mit Betten, Gesellschaftsräumen usw. auch mit Schildchen in blau-weiss-roter Beschriftung, Fahnen und Wimpeln, begrüssenden Inschriften, lautsprechende Radios u.s.f. Dies und die Verpflegung erforderten fortlaufend hohe Geldaufwendungen. Zehntausende wurden im Laufe von Monaten in diesen Durchgangslagern abgefertigt. Zu ihrem Empfang war die neue - übrigens nicht ausfahrbare - Schiffbrücke mit blau-weiss-roten Fahnen behängt, das ganze Rheinufer aber mit Stacheldraht abgesperrt vom alten Hafen bis zur neuen Brücke und von Posten bewacht. Diese Schiffbrücke wurde der allmählich einsetzenden Schifffahrt wegen am 14. Juli wieder abgefahren, so dass die Rheinhäuser Fähre die einzige Verbindung Speyers mit dem Überrheinischen war. Aber nur für Leute, die einen Laisser-passer bekamen.

Montag, 7. April 2014

7. April: Die Brotvorräte gehen in Speyer zu Ende - "sonst war nichts zu haben"

Wie sich bereits in der vergangenen Woche abzeichnete, nimmt die Dichte der Einträge etwas ab. Dies gilt auch für die folgenden Tage. Daneben ist zu beobachten, dass die Berichte nicht mehr so detailliert sind, wie dies zu Anfang der Fall war. Wir werden trotzdem die tageweise Form der Einträge im Bericht von Richard Mandler beibehalten! Der Text ist weiterhin spannend und aufschlussreich!

Der Eintrag zum 7. April 1945: 
Am Samstag, 7. April, gingen die Brotvorräte zu Ende, die  Bäckereien waren nach wie vor geschlossen. Im städtischen Gutshof holte die Bevölkerung Vollmilch. Die Molkerei stand still. Sonst war nichts zu haben.

Donnerstag, 3. April 2014

Die französische Pontonbrücke wird errichtet

Französische Pontonbrücke, Stadtarchiv Speyer,
Fotosammlung, Nr. 023459.


In der Nacht zum Dienstag, den 3. April, schlugen die Franzosen eine Schiffbrücke über den Rhein an der Stelle, an der die frühere lag. Der Heerwurm der 1. Französischen Armee wartete schon, dass er hinüber könne. Der Oberbürgermeister musste währenddessen bei der Kommandostelle im Finanzamtsgebäude verbleiben.

Update: Ein Foto (Luftbild!) der zerstörten Rheinbrücke samt Pontonbrücke findet sich unter diesem Link

Mittwoch, 2. April 2014

Bevor morgen ein neuer Eintrag folgt, hier schon ein kleiner Ausblick

Um das Warten auf den morgigen Eintrag zu verkürzen, posten wir heute schon ein Bild, welches auf das morgige Ereignis schließen lässt.



Stadtarchiv Speyer, Fotosammlung Nr. 014562.

31. März 1945: Die Reaktion auf die Plünderungen


Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Tagen fällt der Bericht zum heutigen Tag sehr kurz aus. Richard Mandler berichtet:

Am 31. III. liess die Militärregierung durch den Oberbürgermeister Plakate anschlagen und schärfste Ahndung von Plünderungen androhen.


Dafür hat sich das Plakat, auf welches er Bezug nimmt, erhalten.




Plakat bezügl. der Plünderungen, Stadtarchiv Speyer,
 Fotosammlung Nr. 002035.

30. März 1945: Staatspräsident General de Gaulle in Speyer

Staatspräsident Charles de Gaulle in Speyer, Stadtarchiv Speyer,
Fotosammlung, Nr. 000665.



Die Franzosen übernahmen am Karfreitag, 30. März, die Befehlsgewalt in Speyer. Am Nachmittag musste aus militärischen Sicherheitsgründen der Hasenpfuhl über dem Speyerbach vollständig geräumt werden. Darüber war grosses Wehklagen. Überstürzter Auszug mit Sack und Pack. Nach drei Tagen durften die Leute wieder einziehen. In grossem Ausmass wurden am Karfreitag und über die Ostertage die Schuhläden, Konfektionshäuser und Lebensmittellager sowie verschiedene Amtsstellen geplündert. Daran beteiligten sich besonders auch fremdvölkische Arbeiter und deutscher Mob. Wie die Ratten kamen sie aus ihren Löchern gequollen. Aus der Landesversicherung, Kreisleitung, NSV-Dienststelle usw. wurden Schreibmaschinen, Büromöbel, Läuferteppiche, Fussabstreifer usw. mitgenommen, sowie alles was brauchbar schien.




Parade der französichen Truppen auf der Maximilianstraße,
Stadtarchiv Speyer, Fotosammlung, Nr. 018569.